Myofunktionelle Therapie: Schiefe Zähne und schmale Kiefer von vornherein vermeiden
18. Juli 2022Eine Frühbehandlung hilft, optimale Bedingungen für ein gesundes Kiefer- und Gesichtswachstum zu schaffen. Nebenbei werden dabei auch Zähne begradigt. Wie diese präventive Methode wirkt, wann man anfangen sollte und wie sie abläuft.
Was ist eine myofunktionelle Therapie in der Kieferorthopädie?
Eine myofunktionelle Therapie (MFT) durchgeführt von Logopäden hat das Ziel, myofunktionelle Störungen zu beheben. Darunter versteht man ein Ungleichgewicht der Muskulatur im Zungen-, Lippen- und Wangen. Die Funktion dieser Muskeln wirkt sich auf die Form von Kieferknochen und Zähnen aus und umgekehrt. Beeinflusst man die Funktion, solange Kiefer und Gesicht noch im Wachstum sind, kann man auch die Form beeinflussen – zum Beispiel einen zu schmalen Kiefer weiten. Bestenfalls wachsen die Zähne dann von vornherein gerade und eine Behandlung mit fester Zahnspange wird vermieden oder zumindest vereinfacht und verkürzt. Die myofunktionelle Therapie kombiniert mit einer kieferorthopädischen Frühbehandlung beim Kieferorthopäden ist also eine präventive Methode.
Woher kommen Zahn- und Kieferfehlstellungen?
Fehlstellungen von Zähnen und Kiefern haben zu einem geringen Teil genetische Ursachen. Eine größere Rolle als die Genetik spielen aber - Umwelteinflüsse wie fehlender Lippenschluss, Mundatmung mit offener Mundhaltung, fehlerhafte Ruhelage der Zunge, falsches Schlucken, zu geringe Kiefernutzung sowie zu langes Saugen an Schnuller oder Daumen. Diese funktionelle Komponente bei der Entstehung von Zahn- und Kieferfehlstellungen kann man beeinflussen - unter anderem durch eine myofunktionelle Therapie.
Ab welchem Alter ist eine myofunktionelle Therapie sinnvoll?
Prävention kann gar nicht früh genug beginnen v.a. mit der Aufklärung der Eltern. Möglichst wenig Schnuller und Daumenverwendung, viel und kräftig Kauen mit geschlossenem Mund sind Beispiele, wie Kiefer und damit das orofaziale System von Anfang an richtig wächst. Myofunktionelle Therapie funktioniert bei kleinen Kindern v.a. über die Aufklärung und Anleitung der Eltern. Später kann die myofunktionelle Therapie stärker die Kinder in den Fokus der Therapie nehmen. Bei ausgeprägterem Fehlwachstum ist der MFT am effektivsten, wenn sie parallel zu einer kieferorthopädischen Frühbehandlung durchgeführt wird. Die Kinder müssen bei dieser Behandlung aktiv mitarbeiten. Deshalb sollten sie nicht zu jung sein. Da erfahrungsgemäß die Motivation spätestens mit der Pubertät nachlässt, sollte man aber auch nicht zu spät beginnen. Deswegen ist die Zeit vor und mit Beginn der Grundschulzeit oft ein gutes Alter für den Start der MFT.
Das Ziel: mehr als nur gerade Zähne
Durch eine myofunktionelle Therapie kann man gerade Zähne erreichen - aber längst nicht nur das. Insbesondere eine Mundatmung mit unvollständigem Lippenschluss hat zahlreiche negative Auswirkungen auf die Mund- und Zahngesundheit, aber auch auf die allgemeine Gesundheit. Hier kann man durch myofunktionelle Therapie sehr gut eine Umstellung auf eine Nasenatmung erreichen. Auch die Lage der Zunge am Gaumen spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass der Gaumen sich korrekt ausformt und die Kiefer in die Breite wachsen. Dadurch ist genügend Platz für die bleibenden Zähne vorhanden und es müssen keine Zähne wegen Platzmangels gezogen werden. Auch die große Ausbildung der Atemwege wird durch die Nasenatmung ermöglicht. Man vermutet, dass man damit sogar einer Schlaf-Apnoe mit gefährlichen Atemaussetzern im Schlaf vorbeugen kann.
Wie läuft eine myofunktionelle Therapie ab?
Am Anfang steht ein Erstgespräch, in dem der Kieferorthopäde mit den Eltern bespricht, ob ihr Kind von einer MFT profitieren könnte. Das Behandlungskonzept wird erläutert. Wenn sich Eltern und Kind für eine MFT entscheiden, folgt eine Überweisung zur Logopädie oder, wenn auch parallel kieferorthopädisch behandelt werden soll, eine kieferorthopädische Anfangsdiagnostik. Sie beinhaltet unter anderem Fotos, gegebenenfalls Röntgenbilder und Abformungen oder einen Intraoral-Scan. Außerdem erfolgt in der Logopädie ein ausführlicher myofunktioneller Befund. Nach Auswertung aller Untersuchungsergebnisse wird ein individueller Therapie- und Kostenplan erstellt. Wenn dann alle offenen Fragen geklärt sind, kann die myofunktionelle Therapie starten.
Wie lange dauert eine myofunktionelle Therapie?
Eine MFT wird in der Regel mit einem oder mehreren Rezepten an den Logopäden rezeptiert. Die Termine finden in regelmäßigen Abständen in der kieferorthopädischen oder auch in der logopädischen Praxis statt. Dabei werden Übungen erlernt, die zu Hause täglich durchgeführt werden sollen. Es werden Muskeln gestärkt und Fehlfunktionen korrigiert. Eltern sollten ihre Kinder dabei unterstützen. Idealerweise kommen zusätzlich kieferorthopädische Trainingsgeräte zum Einsatz, die ebenfalls die Muskelfunktionen und die Entwicklung von Kiefern und Zähnen korrigieren. Die kieferorthopädische Frühbehandlung ist in der Regel nach eineinhalb Jahren abgeschlossen. Die Umstellung der Funktionsmuster sollte auch möglichst über den gleichen Zeitraum unterstützt und vom Logopäden regelmäßig kontrolliert werden. Ziel ist: Das Kind atmet durch die Nase, schluckt regulär und die Zunge liegt in der Ruhelage am Gaumen. Die Zähne sind meist schon viel gerader und die Voraussetzungen für eine gesundes Gesichts- und Kieferwachstum sind optimal. Zur Erhaltung des Therapieergebnisses das Trainingsgerät nachts weitergetragen.
Zusammenarbeit mit Logopäden, Kinderärzten und Eltern wichtig!
Die wenigsten Eltern wissen, dass man schon vor Beginn der Grundschulzeit dem Kieferorthopäden einen Besuch abstatten sollte. Deswegen ist es umso wichtiger, dass Kinderärzte und Kinderzahnärzte über myofunktionelle Störungen und deren Auswirkungen Bescheid wissen und bei Bedarf zum Spezialisten überweisen. Auch Logopäden spielen eine wichtige Rolle bei der myofunktionellen Therapie. Auch hier ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Kieferorthopäden von großer Bedeutung. Und nicht zuletzt müssen auch die Eltern mit im Boot sein und ihr Kind so gut wie möglich bei der Umsetzung unterstützen.
Wird eine MFT von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt?
Die klassische myofunktionelle Therapie kann vom Kieferorthopäden rezeptiert werden und wird von den privaten Krankenkassen bezahlt. Bei Myofunktionstherapeuten, die in kieferorthopädischen Praxen angestellt sind, kann das allerdings anders sein. Ob die MFT von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen wird, muss im Einzelfall geklärt werden, da die gesetzlichen Regelungen variieren.
Quellen:
- Das Gesundheitsportal medondo.health
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- www.mykie.de
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